Folix hat den ersten bayerischen Grevet der Gravel-Serie am letzten Wochenende des Wertungszeitraumes bestritten. Mit der Fahrt am 22. April hat er auch das beste Wetter erwischt und war wahrscheinlich einer der wenigen Teilnehmer, die das Berg-Panorama auf der Tour genießen konnten.
Hier ist nun sein Bericht zum ersten Bayern-Grevet in 2023:
Grevet #1 Bayern Amper-Ursprung Erkundung – ein Erfahrungsbericht
Folix, 23. April 2023
Es ist Samstag 5:30 und ich wache auf, weil die Vögel vor dem gekippten Fenster meinen jetzt sei die richtige Zeit für ein Konzert. Na gut, um 6:00 hätte eh der Wecker geklingelt, also kann ich auch gleich aufstehen. Samstag freiwillig um 6:00 (bzw. 5:30) aufstehen? Zum Radfahren? Ja, das ist jetzt mein Leben. Hatte ich neulich noch nur mit dem Gedanken gespielt, habe ich mich inzwischen tatsächlich für das Grevet Quartett in Bayern angemeldet. Und nachdem ich die ersten drei Wochenenden des Zeitraums für Grevet Nr. 1 mit der Familie im Urlaub war, bleibt mir nur noch dieses Wochenende, aber für heute ist auch bestes Wetter angesagt, also los geht’s!
Noch schnell unter die Dusche gehüpft um den Kreislauf anzukurbeln, rein in die Bib, Wasserflaschen auffüllen, Kaffee in den ToGo-Becher laufen lassen und das vorbereitete Brot und Apfel aus dem Kühlschrank genommen und ab ins Auto in dem seit gestern Abend schon das Rad samt sonstigem Gepäck für den Tag wartet. Ja, ich fahre tatsächlich mit dem Auto zum Radfahren, fühlt sich bescheuert an, aber dank SEV auf der Strecke bleibt mir fast nichts anderes übrig und ausserdem gibt es ja extra Park + Ride Parkplätze. Auch wenn sie vermutlich nicht diese Art Ride damit meinen.
Die dreiviertel Stunde im Auto gibt mir dann auch noch genügend Zeit um daran zu zweifeln, ob das jetzt wirklich so eine gute Idee ist, schließlich saß ich in den letzten drei Wochen nur an einem Tag für ca. 35km auf dem Rad und überhaupt bin ich noch nie mehr als 80km am Stück gefahren. Die Hose ist auch komplett neu und wenn man diversen Podcasts glauben darf, dann ist es absolut bescheuert die jetzt ungetestet zu fahren. Selbiges gilt für die Hüfttasche, die ich auf dem Rad noch nie anhatte, die aber heute den zweiten Satz Trinkflaschen tragen soll. Naja, jetzt ist eigentlich eh schon zu spät, wird schon schiefgehen!
Nachdem ich das Auto am Westkreuz geparkt habe, komme ich um 7:00 mit dem Rad am Bahnhof Pasing, dem Start- und Zielort des heutigen Grevets an. Ich überlege noch, ob ich mir noch irgendwas vom Bäcker holen soll um ein bisschen Abwechslung zu haben, denn meine Oberrohrtasche ist ausschließlich mit Riegeln gefüllt. Vielleicht sollte ich auch noch aufs Klo? Ach, alles viel zu umständlich, ich fahre los! Auf der anderen Straßenseite sehe ich noch jemanden mit einem Grevet Verifikationsbogen rumhantieren, spiele kurz mit dem Gedanken mal rüber zu fahren, aber es ist noch zu früh für Smalltalk und überhaupt will ich jetzt radfahren!
Die ersten Kilometer sind etwas zäh, da man dauernd durch Ampeln und Kreuzungen gestoppt wird, aber das lässt sich bei einem Start in der Stadt wohl kaum vermeiden und nach dem Abstecher zum Rangierbahnhof und dem ersten Trail (der meine Sorge vor sehr viel Schlamm nach dem Regen der letzten Woche(n) besänftigt) geht es dann schon bald raus aus der Stadt und ab auf Feldwege.
Hier kam es dann zur unschönsten Episode des Tages. Ich sehe schon von weitem zwei Damen mit vier oder fünf Hunden, fahre entsprechend langsamer und aktiviere meine Trailbell um mein Ankommen von hinten frühzeitig anzukündigen. Scheint allerdings nicht zu klappen, denn von den beiden kommt keine Reaktion, erst als ich so nah dran bin dass einer der Hunde auf mich aufmerksam wird, machen sie Platz und lassen mich durch. Und zack plötzlich hängt ein Hund an meinem Beinling! Als ich und eine der Damen ihn anbrüllen lässt er sofort wieder los, am Ende ist auch nichts passiert, trotzdem eine Erfahrung auf die ich hätte Verzichten können. Vor allem da ich noch etlichen GassigängerInnen begegnet bin und jetzt immer die Befürchtung mitschwang, dass die vielleicht auch ihre Hunde nicht unter Kontrolle haben. Naja, aber Schwamm drüber und weiter Richtung Checkpoint 1.
Dort das obligatorische Foto gemacht, einen Blick auf die Berge in der Ferne erhascht und noch eine Frühstücksbanane verdrückt. Im Fedibikes Matrix Space noch Grüße an dbx verschickt, der da gerade in Pasing zum zweiten mal gestartet ist, und weiter geht’s. Vorbei an der Ruderregatta und jetzt endgültig raus aus der Stadt. Die Beine fühlen sich gut an, das Rad rollt über schönsten Schotter und in meinem Kopf formt sich ein Hashtag: #ballern! Ohje, wenn sich das mal nicht hinten raus rächt. Ach egal, es macht gerade einfach zu viel Spaß, also Vollgas weiter Richtung Amper.
Immer am Fluss entlang geht es dann auch fast bis CP2. Dabei gibt es einen ganz angenehmen Wechsel zwischen Trails und breiteren Wegen/Straßen. Immer wenn ich mir dachte „jetzt wird es aber eintönig“ kam wieder etwas neues und somit waren auch die doch fast ~40km zwischen den Checkpoints ohne Durchhänger gemeistert. Allerdings war da ein kleines Problem. Ungefähr bei km 60 bemerkte ich, dass meine Schaltung nicht mehr so will wie ich. Eine kurze Analyse zeigte, hinten konnte ich nicht mehr auf die drei größten Ritzel schalten. Da hatte wohl das Schaltwerk einen Schlag abbekommen. Mir fiel allerdings rein optisch nichts direkt auf, was defekt schien. Vielleicht das viel beschworene verborgene Schaltauge, von dem ich bisher verschont geblieben war? Naja, wenn dem so wäre könnte ich eh nichts machen, denn das bestellte Ersatzschaltauge war nicht mehr rechtzeitig geliefert worden. Am Ende musste ich mir eingestehen, dass ich zu wenig Ahnung von meiner Schaltung habe um jetzt irgendwas auszurichten. Naja, ist ja ein ziemlich flacher Track und mit 2×7 habe ich ja noch eine gewisse Restbandbreite an Gängen (bin dann auch den Rest der Strecke, bis auf ein kurzes Stück bei dem das Navi 15% Steigung meldete, gut damit klargekommen) also keine Zeit verschwenden und weiter fahren!
Hinter CP2 kamen dann die ersten Hügel wo ich mich nochmal über die Schaltung geärgert, aber einfach weiter getreten habe. Auf jeden Fall war mir jetzt warm (mag auch daran gelegen haben, dass die Mittagssonne vom Himmel knallte) und es war an der Zeit die Beinlinge ausziehen (den Gedanken hatte ich glaube ich zwei Stunden früher zum ersten Mal) und vom langen auf das kurze Trikot zu wechseln. So ging es dann wohltemperiert weiter auf Forstwegen und Trails oberhalb der Amper bis nach Grafrath.
Dann am Ampermoos vorbei nach Eching wo dann kurz vor CP3 (hatte vorher mal noch eine Abzweigung verpasst) mein Navi zum ersten Mal bei einer Tour auf eine dreistellige km-Anzeige sprang. Das beste daran? Die Beine machten das Ganze noch gut mit! Am Ammersee angekommen einmal kurz das öffentliche WC aufgesucht, die ersten beiden leeren Getränkeflaschen wieder aufgefüllt und dann nichts wie weg von dem Trubel hier. Nachdem die Temperaturen richtig sommerlich waren, gab es in Inning noch kurz den Abstecher zur Tanke für ein Eis bevor es dann auf den gefühlten Rückweg ging (tatsächlich waren ja bereits 2/3 geschafft).
Von der Strecke zwischen Wörthsee und dem CP4 in Germering ist irgendwie nicht viel hängen geblieben, außer dass hier wieder die schnelleren Schotterwege dominierten. Achja und die Sumpfwiese bei der der Track aus irgendeinem Grund nicht da lang ging wo ein erkennbarer Weg war, sondern einfach mitten durch. Naja, ich hab mich mal dran gehalten, denn man muss sagen generell war die ganze Strecke hervorragend gescouted und zu 99% fahrbar.
Am Germeringer See hat man dann mal kurz gemerkt, dass es die Leute bei schönem Wetter am Samstag ins Freie zieht. An dieser Stelle gleich das nächste Lob für die Strecke, deren Rest frei von Menschenmassen, wie man sie im Münchner Umland ja durchaus mal antreffen kann, war. Danach noch einen Schlenker um die Trails der Aubinger Lohe mitzunehmen, schnell noch CP5 abhaken und dann quasi ab auf die Zielgerade. Zurück in der Stadt noch eine endlos scheinende gerade Fahrradstraße entlang, zweimal abbiegen und plötzlich stehe ich nach 149,7km, 960hm und 8 Stunden und 37 Minuten wieder auf dem Pasinger Bahnhofsplatz, stoppe die Trackaufzeichnung, schaue mich kurz um und fahre wieder los Richtung Auto.
Das war jetzt also mein erstes Grevet, meine erste Tour >100km, ich muss sagen, das ging irgendwie leichter als gedacht. Der Körper hat super mitgemacht, auch am nächsten Tag spüre ich eigentlich nur Rücken und Nacken ein bisschen, die Beine scheinen nicht weiter beeindruckt zu sein. Das Rad hat bis auf die eingeschränkte Schaltung (werde ich die Tage in der Werkstatt meines Vertrauens anschauen lassen und hoffentlich dabei lernen, wie ich das in Zukunft selber beheben kann) auch keine Probleme gemacht und auch der Rest der Ausrüstung hat sich bewährt. Also ich freue mich jetzt schon auf Grevet Nr. 2 und die anfängliche Angst vor den Grevets 3&4 wandelt sich in erwartungsvollen Respekt. Mal schauen, wie das dann nach dem nächsten ausschaut.
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